İstanbul

Taksim, İstiklal, Beyoğlu, Pera, Bosporus: İstanbul ist überall und in Berlin*). Deshalb und aus andauernd aktuellem Anlass stößt Laytmotif seine mit Akkuratesse choreografierte stufenweise Einführung in die Verästelungen der Türk Kültürü um. Und betätigt sich in diesem Schlaglicht als wort- und namensfixierter Führer durch die Stadt der Städte.

İstanbul, Berli-Charlottenburg

İstanbul, Berlin-Charlottenburg

Im 7. Jahrhundert v. Chr. als Byzanz von dorischen Griechen gegründet, machte der römische Kaiser Konstantin die Stadt ein Jahrtausend später, 330 n. Chr., zur Hauptstadt des Römischen Reiches. Nova Roma sollte sie heißen, Konstantinopel setzte sich jedoch als Name durch. Ein weiteres reichliches Jahrtausend später, 1452, erobern die Osmanen unter Mehmet II. Konstantinopel. Und benennen es nicht etwa um: Konstantinopel bleibt bis in 20. Jahrhundert offizieller Name der Stadt. Die Bezeichnung İstanbul, auch Astanbul, Istambul, Stambul, für wechselnde Teile der Stadt schleicht sich seit dem 11. Jahrhundert ein. Plausibelste Theorie dazu ist der Bezug auf die griechische Wendung „eis stin polin“, in die Stadt [gehen], oder „i polis“, die Stadt. Die Stadt der Städte eben… Versuche einer Weiterentwicklung des Namens zu İslâmbol im frühen 18. Jahrhundert setzten sich nicht durch. Erst in der jungen Türkischen Republik unter ihrem Gründer Atatürk erhält die gesamte Stadt den offiziellen Namen İstanbul.

Istanbul, Berlin-Neukölln

Istanbul, Berlin-Neukölln

Nach Mehmet II., Fâtih, der Eroberer, wird zumindest ein Stadtteil benannt: Fatih, mit Eminönü Teil der klassischen, heute noch so genannten Altstadt. Von der zu jeder Zeit sozial eher homogenen Altstadt führt heute u. a. die Schneise des Atatürk-Boulevards mit Atatürk-Brücke über das Goldene Horn (türkisch: Haliç, Meerbusen). In die Istanbuler „Neustadt“ hinein, traditionell bewohnt von sozial eher heterogenen Bevölkerungsschichten, über Jahrhunderte geprägt von Griechen, Juden, Armeniern, meyhanes (Weinhäusern), birahanes (Bierhäusern), Theatern und Kinos, Botschafts- und Geschäftsvierteln, heute Zentrum auch der zeitgenössischen Galerienszene. Die lange eigenständigen Stadtteile Galata und Pera (von griechisch drüben, gegenüber in Bezug zur Altstadt) gingen im 20. Jahrhundert im türkisch benannten Beyoğlu (Bey = Herr, oğul = Sohn) auf.

İstanbul, Berlin-Schöneberg

İstanbul, Berlin-Schöneberg

Ohne Pera keine Grande Rue de Péra: Peras prominente Einkaufsmeile, gesäumt von Botschaften, prächtigen Ladenpassagen, Banken wird nach der Ausrufung der türkischen Republik 1923 zur İstiklal Caddesi. Cadde, die Straße, istiklâl, die Unabhängigkeit. Der İstiklâl Marşı (Unabhängigkeitsmarsch) ist seit 1921 die Nationalhymne der Türkei. In türkischen Wörterbüchern kommt istiklâl allerdings nicht mehr vor, mit der Sprachreform wurde das arabische Wort gegen das konstruierte neutürkische Wort bağımsızlık ersetzt. Über die İstiklal Caddesi, heute Fußgängerzone, flanieren täglich hunderttausende Menschen, eine alte Straßenbahn (Nostaljik Tramvay) bimmelt hoch und wieder hinunter, politische Gruppierungen demonstrieren.

Confiserie Orientale Istanbul-Berlin, Berlin-Mitte

Confiserie Orientale Istanbul-Berlin, Berlin-Mitte

Am oberen Ende der İstiklal liegt der Taksim-Platz (Taksim Meydanı), kurz Taksim. Einst Wasserverteilanlage (taksim) vor den Toren der Stadt ist der in aller Regel stark befahrene und bevölkerte Taksim heute zentraler Verkehrsknoten und Treffpunkt İstanbuls. Dominiert wird der Platz vom Atatürk-Kulturzentrum. Noch: Der Bau mit dem sehr speziellen Charme der 60er/70er Jahre ist vom Abriss bedroht. Stattdessen konkretisieren sich seit Jahrzehnten immer wieder vorgebrachte Pläne, die erste Moschee am Taksim zu bauen.

Istanbul, Berlin-Kreuzberg

Istanbul, Berlin-Kreuzberg

Damit endet dieser Stadtspaziergang, immer auf der europäischen Seite. Wir wissen ja, İstanbul ist die einzige Metropole der Welt auf zwei Kontinenten: Um auf die andere Seite, nach Asien, zu kommen, nehmen Sie die U-Bahn bis Kabataş (kaba = roh, taş = Stein) und fahren mit der Fähre zum Beispiel nach Kadıköy (kadı = islamischer Richter, köy = Dorf). Über den Bosporus, der im Türkischen Boğaz, der Schlund, die Kehle, heißt. Und wenn Sie nun endlich exotische Sehnsuchtsbilder von İstanbul und dem Bosporus sehen möchten, klicken Sie bitte hier.

*)  İstanbul ist in Berlin: Sport und Kulturverein Taksim Berlin; Berliner Philharmoniker spielen den İstiklâl Marşı; Bistro Beyoğlu, Berlin; Pera Getränke, Berlin; Bosporus Networks, Berlin

Quellen:
Klaus Kreiser: Istanbul (C. H. Beck, 2009)
Geoffrey Lewis: The Jarring Lecture on Turkish (Swedish Research Institute in Istanbul, 2002)
Geo-Spezial Istanbul (2012)
Istanbul (Wikipedia, Stand 10.07.2013)