Laytmotif in Spanien: Limon, limón, Zitrone. Konser, Konzert, Concierto. Und Dönnerwetter!

Dönnerwetter!

Istürk, zusammengesetzt aus İspanya (Spanien) und Türkiye (Türkei): Mindestens an einem spanischen Dönerladen wird der Döner zum Dönner. Na, wenigstens nicht zum Donner – das „ö“ gibt es im spanischen Alphabet nämlich eigentlich gar nicht.

Dönnerladen, Malaga 2016

Dönnerladen, Malaga 2016

Das „ü“ auch nicht, zumindest nicht gesprochen. Türkischkenner wissen, dass beide Konsonanten einigermaßen essentiell für das Türkische sind (Große Vokalharmonie!). In Spanien gibt es allerdings auch nur ein paar Tausend Menschen mit Türkei-migrantischem Hintergrund – die Einführung von ü und ö lohnt da wohl nicht. Gut, dass es beide Buchstaben im deutschen Alphabet gibt, für ein paar Millionen Menschen mit Türkei-Hintergrund in Deutschland.

F*ck the system. O lo que quieras (oder was du sonst willst), Malaga 2016

F*ck the system. O lo que quieras (oder was du sonst willst), Malaga 2016

Anders als zwischen Deutschen und Türken waren die Berührungspunkte zwischen Spanien und der Türkei bzw. ihres Vorgängers, dem Osmanischen Reich, historisch eher spärlich. Eines der bedeutendsten Ereignisse war Ende des 15. Jahrhunderts die Aufnahme zehntausender sephardischer Juden durch das Osmanische Reich; sie waren von den christlichen Spaniern von der iberischen Halbinsel vertrieben worden [mehr auf Laytmotif]. Und die spanische Flotte wurde von der osmanischen 1538 als Teil der katholischen „Heiligen Liga“ von Papst Paul III. in der Seeschlacht von Preveza im Mittelmeer geschlagen.

Ein paar hundert Jahre später haben spanische Regierungen, anders als deutsche, eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU befürwortet. 2005 haben die damaligen Regierungschefs Spaniens und der Türkei, Zapatero und Erdoğan, die Gründung einer „Allianz der Zivilisationen“ vorangetrieben, laut Wikipedia mit der Betonung der Entschärfung der Spannungen zwischen westlicher und islamischer Welt. Die Allianz gibt heute noch, als eine UN-Einrichtung, die United Nations Alliance of Civilizations (UNAOC).

Limon, limón, Zitrone

„Kennst Du das Land, wo die Zitronen blühen?“ Fragt Johann Wolfgang von Goethe 1795 in seinem Roman „Wilhelm Meisters Lehrjahre“. Nun, auch heute noch in Italien, worauf sich Goethe bezog. Und in Indien und China, wo die ersten Zitronen gezüchtet wurden.

Mehr Zitronen als in Italien blühen jedoch in der Türkei (2013 7. auf der globalen Rangliste der Zitronenproduzenten) und in Spanien (8.); beide Länder liefern sich mit jeweils ca. 800.000 Tonnen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Zitronen waren von den jüngsten russischen Einfuhrstopps für türkische Produkte ausgenommen; die Türkei kann damit Russlands einziger Zitronenlieferant bleiben – gut für Spanien, weil so die für Russland bestimmten türkischen Zitronen nicht auf den EU-Markt umgeleitet wurden und dort noch stärker mit den spanischen konkurrierten. Türkische Früchte, auch Zitronen, wiesen laut einer Greenpeace-Untersuchung 2012 hohe Pestizidbelastungen auf, ein Image, das nachwirkt, auch wenn der türkische Landwirtschaftsminister damals scharf protestierte. Wie ein befreundeter spanischer Zitronenproduzent uns sagte, ist die „sauberere“ spanische Zitronenproduktion gerade in Deutschland immer noch ein wichtiger Wettbewerbsvorteil.

Limon, limón, Zitrone. Malaga 2016

Limon, limón, Zitrone. Malaga 2016

Auf Türkisch heißt die Zitrone limon, wie auf Spanisch auch, limón. Auf Deutsch wurde die Zitrone lange Zeit Limone genannt, in Österreich manchmal auch heute noch. Ihre nächste Verwandte, die kleinere Limette verweist im Deutschen noch auf die Limone, mit –ette werden im Französischen Dinge „verkleinert“. Auf Spanisch heißt die Limette lima – und auf Türkisch nach ihrer Form misket limonu, Murmelzitrone.

Misket limonu, lima, Limette? Vielleicht. Malaga 2016

Misket limonu, lima, Limette? Vielleicht. Malaga 2016

Konser, Konzert, Concierto

Das Concierto de Aranjuez (1939/40) ist eines der bekanntesten klassischen Musikstücke des 20. Jahrhunderts. Das Solokonzert für Gitarre und Orchester wurde von den besten Orchestern gespielt, auch den Berliner Philharmonikern. Kann man natürlich auch mit der Bağlama spielen, der türkischen Verwandten der Gitarre.

Gar nicht unmöglich, dass der spanische Komponist Joaquín Rodrigo (1901–1999) eine Bağlama-Version kannte: Rodrigo war verheiratet mit Victoria Kamhi de Rodrigo, Marquise von Jardines de Aranjuez (1905–1997). Die Pianistin Kamhi wurde 1905 in Istanbul geboren, als Nachfahrin sephardischer Juden, die hunderte Jahre vorher von der iberischen Halbinsel ins Osmanische Reich flüchteten.

Gitar, Gitarre, guiterra: Im Land des Flamenco ist das Instrument allgegenwärtig. Das spanische Wort leitet sich vom arabischen qīṯāra ab, die Römer und danach die arabischen Eroberer brachten Vorläufer auf die iberische Halbinsel. Die hatten das Wort selbst aus dem altgriechischen κιθάρα (Kithara) entlehnt. Die Geschichte von Gitarre, Bağlama bzw. Saz und ihren Vorgängerinnen ist tausende Jahre lang und verästelt – wer weiterlesen möchte:
wikipedia.org/wiki/Gitarre#Geschichte
wikipedia.org/wiki/Saz

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